Diese Website verwendet Funktionen, die Ihr Browser nicht unterstützt. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf eine aktuelle Version.













#SozialeBetriebe #SozialesKaufhaus #Secondhand #zweiteChance

Soziale Betriebe in Not

Zu Gast im Sozialen Kaufhaus ProDonna® des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) in Langenfeld



Wir möchten Geschichten erzählen. Die von Bärbel, die von Michael und die von Dina. Alle drei arbeiten im Sozialen Kaufhaus von ProDonna in Langenfeld, einem Qualifizierungs- und Beschäftigungsbetrieb des SkF. Sie gehörten zu den knapp 959.800 langzeitarbeitslosen Menschen in Deutschland. Sie erzählen uns, warum es ihnen schwer fällt, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, dass sie weder unfähig noch faul sind, sondern dass ihr Leben einfach den einen oder anderen Umweg nahm. Sie berichten uns, wie gerne sie hier arbeiten, dass es ihnen Selbstvertrauen und Mut gibt. Und dass diese zweite Chance für sie wie ein Strohhalm ist, den sie ergriffen haben, um nicht durch das soziale Netz zu rutschen.

Bärbel, Michael und Dina – sie vertrauen uns ihre persönlichen Geschichten an, sie zeigen Gesicht – damit wir ihnen eine Stimme geben. Und das in Zeiten, in denen Soziale Betriebe wie ProDonna® um ihre Existenz kämpfen, weil Haushaltskürzungen den Sozialen Arbeitsmarkt bedrohen. Dabei brauchen die langzeitarbeitslosen Menschen statt Kürzungen bei Angeboten der Stabilisierung, Qualifizierung und Beschäftigung Lösungen, damit sie und ihre Familien nachhaltig stabilisiert werden und ihnen eine verlässliche Teilhabe an Arbeit ermöglicht wird. Für die Betroffenen fallen Tagesstruktur, Dazulernen, sinnstiftende Arbeit und wichtige soziale Kontakte weg. Für Bürgerinnen und Bürger eine Möglichkeit, günstig und nachhaltig einzukaufen. 







Was leisten Soziale Betriebe?

0

Bundesweite Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigungen (AGH)

0

Plätze im Bundesprogramm "Teilhabe am Arbeitsmarkt" (§ 16i SGB II)

0

Soziale Kaufhäuser gehören zur Caritas und zu den Fachverbänden der Caritas, dazu kommen noch 120 Stromsparchecks, 51 Radstationen und 48 Wald- und Grünprojekte



Soziale Betriebe geben langzeitarbeitslosen Menschen eine zweite Chance, oft auch eine dritte. Und manchmal kann es sogar die letzte Chance im Leben sein, die ergriffen wird. Soziale Betriebe helfen den Menschen bei der Bewältigung ihrer individuellen Problemlagen. Sie sind das Sicherheitsnetz für langzeitarbeitslose Menschen, das sie auffängt und unterstützt – unabhängig davon, ob der Sprung in die Arbeitswelt gelingt oder nicht.

Soziale Betriebe sind stark im Klimaschutz. Hier wird sozialgerechte Nachhaltigkeit gelebt, denn es sind nicht nur die Menschen, die in den Betrieben zweite Chancen bekommen, sondern auch die Dinge. Das wird beispielsweise bei den Sozialen Kaufhäusern deutlich. Statt auf dem Müll zu landen, warten hier Kleidung und Gebrauchsgegenstände auf einen neuen Besitzer, oder eine neue Besitzerin. 

Beim Stromspar-Check werden langzeitarbeitslose Menschen zu Stromspar-Checkern ausgebildet, die Haushalten mit geringem Einkommen beim Stromsparen helfen. 

EiNZIGWARE® ist das Upcycling-Label der Caritas. Langzeitarbeitslose Menschen machen hier aus alten Dingen richtig tolle Unikate. 

Dazu leisten die Sozialen Betriebe aktiv Friedensarbeit. Denn dort, wo es Chancen für jeden gibt, da ist auch ZuFRIEDENheit. Zudem arbeiten in unseren vielfältigen Teams Menschen unterschiedlichster Nationen, Kulturen und Einschränkungen eng zusammen.

Außerdem sind Soziale Betriebe nicht nur für langzeitarbeitslose Menschen wichtig. Sie sind für alle da, die mit wenig Geld zurechtkommen müssen – und auch für diejenigen, denen Nachhaltigkeit einfach total wichtig ist. 











0:00/0:00

ProDonna® in Langenfeld

Der Secondhand-Laden ProDonna® ist seit mehr als 20 Jahren aus Langenfeld nicht mehr wegzudenken.  Inflation und gestiegene Energiepreise sind für Menschen mit geringem Einkommen eine besondere Belastung. Hier bekommen sie für kleine Preise Textil- und Haushaltswaren für die ganze Familie. 27 langzeitarbeitslose Menschen fassen hier mit Hilfe einer Arbeitsgelegenheit (AGH) wieder Fuß. Um auf die kritische Haushaltslage aufmerksam zu machen, räumte ProDonna® Ende 2023 die Regale leer. Bürgerinnen und Bürger Langenfelds waren geschockt. 

Bärbel Klein

„Es macht hier sehr viel Spaß und ich hoffe, dass es auch weitergeht.“

0:00/0:00

Bärbel Klein bedeutet ProDonna® alles. Die 59 jährige arbeitet mittlerweile seit acht Jahren hier in der Schneiderwerkstatt. Mit der Nähmaschine kannte sie sich vorher gar nicht aus, hat früher selbst alles nur mit der Hand genäht und ihrer Oma fasziniert beim Treten der alten Nähmaschine zugeguckt. Bärbels Metier war das Gärtnern. Direkt nach der Schule machte sie eine Ausbildung in einem Gärtnereibetrieb. Sie arbeitete dort gute fünf Jahre, heiratete und bekam zwei Kinder. 

„Wo soll man denn hingehen, wenn es ProDonna® nicht mehr gibt? Die Leute haben kein Auto, um irgendwo anders hinzufahren. Sie können sich noch nicht mal ein Busticket leisten.“

Doch die Schlagzeilen gehen auch an ihr nicht spurlos vorüber. Kürzungen bei Sozialen Betrieben? Was wenn es auch ProDonna® trifft? Wenn der ganze Laden, ihre ganze Perspektive, schließen muss? Darüber möchte Bärbel Klein am liebsten gar nicht nachdenken. Sie versteht nicht, wie die Politik hier falsche Prioritäten setzen kann. Wo soll sie mit 60 und gesundheitlichen Problemen denn noch hin? Sie bekommt immer noch Aufstockung vom Amt, ist auch selbst darauf angewiesen Kleidung und Haushaltsdinge hier kostengünstig zu kaufen. So wie viele Langenfelder, sie haben kein Auto, um mal eben in einen anderen Second-Hand-Laden zu fahren, können sich oft noch nicht einmal ein Busticket leisten. 









Wie finanziert sich eine AGH?

Eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung (AGH) wird in der Regel durch öffentliche Mittel finanziert und ist im SGB II mit dem §16d verankert. Diese Mittel können beispielsweise aus verschiedenen Arbeitsförderungsmaßnahmen oder Beschäftigungsprogrammen stammen, die von staatlichen Stellen wie Arbeitsagenturen oder Jobcentern bereitgestellt werden. Voraussetzung hierfür ist die Bereitstellung der Mittel im Bundeshaushalt. Die Finanzierung kann je nach Bundesland oder Region unterschiedlich sein und sich auf verschiedene Weise zusammensetzen. ProDonna® bekommt pro zugewiesener AGH eine Pauschale vom Jobcenter und der Teilnehmende eine Mehraufwandsentschädigung. Was fehlt, sind stabile und nachhaltige rechtliche Rahmenbedingungen für einen sozialen Arbeitsmarkt. Infrastrukturkosten – also etwa Miete und Strom – müssen zum großen Teil von den sozialen Betrieben selber getragen werden. Der Eigenanteil ist kontinuierlich gestiegen und kann kaum kompensiert werden. Einige Träger und Betriebe haben bereits die Reißleine gezogen und mussten schließen.















Stephanie Krone

Eine Arbeitsgelegenheit ist eine Chance für den Menschen. Er merkt, dass er hier gebraucht wird, dass es ein Miteinander gibt.



Stephanie Krone fing als junge Frau beim SkF an. Heute, 23 Jahre später, ist sie die Geschäftsführerin. „Nein, damit hätte ich damals nie gerechnet“, lacht sie. „Aber mir wurde schnell klar, wie wichtig unsere Angebote für die Menschen sind. Und was gibt es Schöneres als eine sinnstiftende Arbeit.“ 

Langzeitarbeitslose haben keine Lobby. Ich fordere von der Politik: Vergesst sie nicht!

Schwierig, die Angebote finanziell zu halten, war es immer schon, gibt sie zu. Wir sind gemeinnützig und nicht auf Gewinn ausgrichtet aber eine schwarze Null sollte es schon sein. So schwierig wie jetzt war es jedoch noch nie. „Wir kämpfen wie niemals zuvor“, sagt Stephanie Krone und holt tief Luft. Die Situation belastet sie, raubt ihr oft sogar den Schlaf. Dann denkt sie an die Menschen, denen die Existenz wegbrechen würde, wenn ProDonna® schließt. Die letzte Chance ihres Lebens wäre vertan. 20 Prozent musste ProDonna in 2023 einsparen. 2024 sah es zunächst noch katastrophaler aus – die ganzen bundesweiten Proteste konnten jedoch für dieses Jahr viel bewirken. Die angedrohten Kürzungen wurden aufgehoben. Ein kurzes Aufatmen – für 2025 befürchtet sie jedoch Schlimmes.

0:00/0:00



















Dina Prokopenko

Ich arbeite nicht nur für meinen Lebensunterhalt. Sondern ich möchte das, was ich bekommen habe, den Menschen zurückgeben! Das Gefühl, dass die Gesellschaft sie braucht.

0:00/0:00

Als Dina Prokopenko 2002 mit ihrem Mann von Kasachstan nach Deutschland kam, war für sie sofort klar: „Ich wusste, nur wenn ich schnell Deutsch lerne, habe ich eine Zukunft hier.“ Die studierte Softwareentwicklerin machte einen Sprachkurs und fing 2005 als AGH-Teilnehmerin bei ProDonna® an, war fleißig, lernbereit.

„Ich war dankbar, dass ich so gut aufgenommen wurde. Ich wollte etwas zurückgeben.“ Heute ist sie bei ProDonna® nicht mehr wegzudenken. Als Verwaltungsfachkraft hat sie heute ihren Platz gefunden. Wenn sie die Menschen sieht, die hier ihre zweite Chance ergreifen, bekommt sie Gänsehaut. Dann denkt sie an ihre Geschichte, die bei ProDonna® begann und die sie glücklich machte. 

0:00/0:00

Wenn ich die Menschen sehe, die hier mit viel Hoffnung als AGH-Teilnehmer anfangen, muss ich an mich früher denken und bekomme Gänsehaut.







Nele

Billigproduzierte Ware kommt für mich nicht in Frage. Mode hat immer auch etwas mit Nachhaltigkeit zu tun. Erst dann steht sie jedem!

0:00/0:00

Nele liebt es, Secondhand zu shoppen. Bei ProDonna® ist sie Stammkundin und findet immer wieder neue Schätze. „Hier gibt es nichts von der Stange. Es sind so viele außergewöhnliche Kleidungsstücke dabei.“ Dabei kann sich die Studentin zudem noch sicher sein: Hier kauft sie nachhaltig ein – und das ist ihr sehr wichtig. Damit ist Nele nicht allein. Die Kundschaft in den Sozialen Kaufhäusern hat sich in letzter Zeit verändert. Hier trifft die Modestudentin auf nachhaltigkeitsbewusste Familien, die wiederum auf Menschen mit geringem Einkommen. Soziale Kaufhäuser kommen immer mehr in Trend. Hier wird er gelebt, der sozialgerechte Klimaschutz. 

























Michael Neuen

0:00/0:00

Wenn Michael Neuen zwischen all den Waren im Keller von ProDonna® steht, kommen die Erinnerungen wieder hoch. Wie er damals, 2016, bei ProDonna® angefangen hat und Kleidung, Spielsachen, Haushaltswaren als Spenden angenommen und für den Wiederverkauf sortiert hat. Es war für ihn der Neubeginn nach einer schwierigen Zeit. 

Für den heute 52-jährigen lief es davor beruflich gut. Er machte eine Ausbildung als Bankkaufmann, schloss sie gut ab, ging zur Bundeswehr und machte im Anschluss eine Fortbildung für Steuer- und Rechnungswesen. Ab da arbeitete er mehrere Jahre in der Buchhaltung.  

Michael Neuen spricht nicht gerne über das, was ihn aus der Bahn geworfen hat. Er nennt es „private Gründe“, die ihn plötzlich dazu zwingen den Job aufzugeben. Es ging einfach nicht mehr. Gute fünf Jahre ist dann nichts wie es mal war. Die Arbeitslosigkeit hat ihn fest im Griff. Man dürfe nicht in den Tag hineinleben, das sei grundverkehrt, resümiert Neuen. 

Es ist wichtig, dass solche Strukturen erhalten bleiben für alle, die länger arbeitslos sind.

0:00/0:00

Irgendwann sagt das Jobcenter: Du musst mal wieder! Neuen rafft sich auf und fängt bei ProDonna® an. Es ist zunächst ungewohnt, nicht mehr mit Tabellen, Rechnungen und Zahlen zu arbeiten, sondern mit Textilien. Doch schnell findet sich Neuen ein.  

Für ihn das Sprungbrett um endlich wieder Fuß zu fassen. Mit Selbstdisziplin, wie er sagt, schafft er es, wieder in eine Struktur zu kommen. Morgens aufstehen, bei der Arbeit erscheinen, diese ordentlich ausführen – das sind seine aktuellen Herausforderungen. 

Nach kurzer Zeit wechselt er zu den haushaltsnahen Dienstleistungen „Glanzleistung“ – ebenfalls vom SKF Langenfeld. Ihm gefällt der Kontakt zu Kunden, die Dankbarkeit, die er dort spürt. Er hat einen 30 Stunden Vertrag, arbeitet 6 Stunden pro Tag.  

ProDonna® ist eine wichtige Anlaufstelle für Leute, die wenig Geld haben. Hier finden sie günstige Kleidung und gute Haushaltswaren.

Neuen ist kein Mann der großen Worte. Aber man spürt, dass er von ProDonna® überzeugt ist. Davon, dass hier Menschen geholfen wird, wieder Fuß zu fassen. Wieder Teil der Gesellschaft zu werden, wieder in einen Rhythmus zu kommen. Eine Chance nach der tristen Arbeitslosigkeit.   

„ProDonna® muss bleiben“, sagt er. Der Second-Hand-Laden sei eine gute Anlaufstelle für Leute, die wenig Geld haben. Auch Haushaltswaren seien in anderen Geschäften zu teuer. Die Beschäftigten gehören untrennbar mit dazu, findet er. ProDonna® sei mehr als man von außen sieht: Es sind die Menschen, die buchstäblich dahinter stehen, auch wie er damals im Warenkeller. „Das, was man nicht sieht, ist genauso wichtig.“





Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekt ProDonna® SkF Langenfeld ARBEIT+INTEGRATION gGmbH Solinger Straße 63 40764 Langenfeld